The final countdown

Arthur Mamou-Mani: Architektur, Kosmos und Träume 30.03.2020 |  4 Minuten

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In der vorigen Ausgabe unserer Talkshow „The Final Countdown“ konnten wir mit dem Architekten und Querdenker Arthur Mamou-Mani plaudern. Ein Querdenker im besten Sinn des Wortes.

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Der gebürtige Franzose Arthur Mamou-Mani ist Architekt und bekannt für seine parametrischen Realisierungen. In seinem Schaffen dreht sich alles um eine neue Art von digital entworfener und umgesetzter Architektur. Seinen Lebensmittelpunkt hat er in London.

Sie haben für das amerikanische Burning Man Festival den Tempel als Herzstück der Veranstaltung. Damit wurde ein breites Publikum auf Sie aufmerksam. Sie hatten ihn Galaxia genannt und am Ende der Woche wurde er verbrannt. Das ist Tradition. Allein der Name war ein Fingerzeig in Richtung Universum. Erzählen Sie uns doch etwas über Ihre Teilnahme an diesem so spannenden Projekt.

Es handelte sich um ein komplett von Freiwilligen erbautes Megaprojekt mit 60 Metern Breite und 20 Metern Höhe. Beim Bau dieses Tempels unserer Zeit, einer Art spirituellem und religionsfreiem Raum, waren alle mit großem Eifer bei der Sache. So wie früher bereits Tempel mit Himmelskörpern assoziiert wurden, fungierten auch hier Weltall und Galaxien als Inspirationsquellen. Im Rahmen dieses interessanten Projekts haben wir das Ganze sozusagen unserem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand mit schwarzen Löchern, Raumzeitkrümmung usw. angepasst.

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    ©Alex Medina

    Was haben Sie denn während des Baus und beim nachfolgenden Abbrennen empfunden?

    Das Ergebnis, sprich der Bau an sich, war hier im Prinzip nicht von maßgebender Bedeutung. Es ging vielmehr um den gemeinsamen Schaffensprozess und die Verwirklichung des hinter diesem fantastischen Projekt stehenden Traumes. Verglichen mit dem Bau einer Rakete war es vermutlich eine Kleinigkeit. Wir haben gemeinsam eine Traumreise unternommen. Und als es dann soweit war und unser Werk abgebrannt werden sollte, waren wir auch bereit dazu. Eine Menge Leute haben Opfergaben hineingelegt und in der Luft lag angesichts der vielen Menschen, die irgendetwas in Form eines symbolischen oder realen Gegenstands loslassen wollten, absolut schön. Der Akt des Verbrennens war etwas sehr Emotionales und wahrhaft Spirituelles, begleitet von einer wundervollen Stille. Um die 70.000 Menschen standen um dieses gigantische Lagerfeuer, lauschten dem Knistern des Feuers und weinten auch.

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      © Burning Man Journal

      Beim Burning Man gibt es eine Reihe von Regeln. Eine davon setzt auf Teilen statt Kaufen. Sind das Werte, die auch für Sie von Bedeutung sind?

      Ja, sehr sogar! Bei der Kultur des Schenkens geht es weniger um die Geschäftsebene als um die Beziehungsebene und das Prinzip des erwartungslosen Gebens rückt dabei verstärkt in den Vordergrund. Ich selbst unterrichte zum Beispiel ständig, weil ich die Menschen mit meinen Erläuterungen in die Lage versetzen will, dass sie das auch selbst schaffen können. Die Vorstellung davon, dass wir absolut selbständig und eigenverantwortlich handeln und Dinge realisieren und auch ändern können, die ist wunderbar und bedeutsam.

      Waren Sie immer schon am Thema Kosmos interessiert?

      Es ist das Ungewisse, das daran so faszinierend ist. Nicht zu wissen, was dort draußen vor sich geht und existiert. Gewissermaßen ist das die Quelle der Spiritualität. Das alles da draußen ist so weit entfernt! Das wiederum bietet eine Unmenge Stoff für all jene, die von Natur aus Träumer sind, so wie ich es bin. Durch die Begegnung mit Burning Man und den Akt des Bauens inmitten der Wüste bin ich aber gezwungenermaßen pragmatischer geworden!

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        Weshalb spielt der Do-it-yourself-Aspekt hier eine solche Rolle?

        Unsere Entwürfe sollen sich natürlich anfühlen, wobei wir versuchen, alles durch die jeweiligen Rahmenbedingungen entstehen zu lassen. Wir fertigen nicht einfach nur Zeichnungen an, sondern lassen uns vom Verhalten des Materials leiten, lassen die Umgebung den Raum auf Basis struktureller Faktoren und unterschiedlichster Verflechtungen gestalten. Der Plan entsteht losgelöst von allen Restriktionen und Wundervolles bahnt sich seinen Weg.

        Irgendwo stand geschrieben, dass Sie in Ihrer Jugend Magier als Berufswunsch hatten. Fühlen Sie sich heute als Magier?

        Architektur hat viel mit Träumen und Geschichtenerzählen zu tun. Man vermittelt den Menschen, dass ein Raum mehr ist als zwei miteinander verbundene Holzstücke. Durch die Fokussierung auf die Moderne und den Leitsatz „Die Form folgt der Funktion“ ist das zwar ein wenig verloren gegangen, aber immer noch enorm wichtig. Bei meiner Arbeit gibt es denke ich eine traumartige Dimension und einen erzählerischen Teil.

        Was wäre denn Ihr größter Traum?

        Wenn wir schon beim Weltraum sind, dann würde ich dort draußen gerne neue Planeten entdecken, das wäre großartig! Der Gestalter in mir würde gerne neue Bauwerke entstehen lassen. Wie würde ein Gebäude ohne die gewohnte Erdanziehungskraft aussehen? Architektur und Erdanziehungskraft gehören untrennbar zusammen. Wie würden wir wohl bauen, wenn die Erdanziehungskraft geringer bzw. eine andere wäre?

        Das gesamte Interview