Innovation Culture

Nur eine Sekunde! Das Startfenster von JUICE 30.05.2023 |  5 Minuten

Suite
Lesen
Cover

Nach dem erfolgreichen Start der Sonde JUICE mit der Ariane 5 bietet Ihnen Stéphane Leboucher (Head of Ariane Mission Preparation and Customization) einen Rückblick auf die technischen Aspekte des Startfensters der JUICE-Mission in Richtung Jupiter.

Es war soweit. JUICE startete am 14. April um genau 12:14 Uhr und 29 Sekunden UTC. Der auf die Sekunde genaue Start war notwendig, um die Flugbahn der Sonde auf ihrer Reise zum Jupiter und seinen Eismonden zu treffen. Die JUICE-Mission benötigt mehrere Gravitationshilfen (Lesen Sie den Artikel über Gravitationshilfen https://www.ariane.group/de/neuigkeiten/im-weltraum-gilt-volle-kraft-voraus/), um ihr Ziel zu erreichen. Die Sonde wird drei Mal die Erde (oder das Erde-Mond-System) sowie Venus überfliegen (und zwar in folgender Reihenfolge: Erde-Mond, Venus, Erde, Erde), bevor sie in das Jupiter-System „katapultiert“ wird. Dort wird sie erneut dieselbe Technik anwenden, diesmal, um abzubremsen und sich in der Umlaufbahn von Jupiter und seinen Monden zu positionieren.

 

Es wurde mehrfach betont, wie wichtig es war, JUICE im April zu starten. Können Sie uns erklären, warum?

Stéphane: Die Startperioden wurden hauptsächlich durch diese verschiedenen Swing-by-Manöver bestimmt, die von der Sonde erwartet werden. Unter Berücksichtigung der Stellung der Sterne im Laufe der Monate war die Flugbahn für JUICE im April am optimalsten.

 

Wenn der Start in diesem Zeitfenster im April nicht möglich gewesen wäre, bestand eine weniger ideale Option darin, den Start im August durchzuführen.

Auch die Uhrzeit spielte bei einem Zeitfenster von nur einer Sekunde eine wichtige Rolle! Woran lag das?

Stéphane: Wir hatten bei dieser Mission keine starken Einschränkungen bezüglich der Sonneneinstrahlung (mit Ausnahme der Schutzvorrichtungen für die JUICE-Instrumente), wie dies beim Start von James Webb der Fall war [Anmerkung der Redaktion: Das JWST-Teleskop musste seine Sonnenkollektoren so schnell wie möglich öffnen, um Treibstoff zu sparen]. Auch hier war der Zeitpunkt des Starts (12:15 Uhr und eine Sekunde UTC am 13. April und 12:14 Uhr und 29 Sekunden UTC am 14. April mit einer täglichen Abweichung von etwa 30 Sekunden im Fall weiterer Verschiebungen) von der Flugbahn von JUICE sowie vom Zeitpunkt und Ort abhängig, an dem wir die Sonde abliefern und ihr ermöglichen mussten, ihre Manöver vor dem ersten Swing-by zu beginnen. 

Wann endet oder endete die Mission der ArianeGroup Ingenieure für den Start von JUICE?

Stéphane: Die Mission endete für ArianeGroup kurz nach der Abtrennung von JUICE auf ihrer Umlaufbahn zur Befreiung von der Erdanziehung, da die Sonde über genügend Manövrierfähigkeit verfügte, um etwaige Abweichungen vom Eintritt wieder auszugleichen. Da jedoch der Start in die Umlaufbahn durch die Ariane 5 perfekt verlief, waren die ersten von der Sonde geplanten Bahnkorrekturen nicht notwendig. Unsere Mission endete etwa 1.000 Sekunden nach der Abtrennung der Sonde, nachdem die Oberstufe alle Entfernungs- und Sicherheitsmanöver in Bezug auf die Sonde, den Mond oder die Erde durchgeführt hatte.

Welche weiteren Besonderheiten gab es im Rahmen dieser Mission, vielleicht im Bereich der Trägerrakete?

Stéphane: Diesmal hatten wir weniger Besonderheiten der Trägerrakete im Zusammenhang mit der Sonde (im Vergleich zum James Webb, das eine Anpassung der Nutzlastverkleidung erforderte). Für JUICE musste jedoch überprüft werden, ob die Trägerrakete Ariane 5 ECA, die normalerweise für Doppelnutzlast-Missionen eingesetzt wird, für diesen Einzelnutzlast-Start „bei Tag“ geeignet war. Somit haben wir beispielsweise das Pilotprogramm der Ariane 5 angepasst, um die Trägerrakete bei dieser Einzellast-Mission zu steuern. Das ist ähnlich wie bei der BepiColombo, auch wenn hier die Umlaufbahn und die Freisetzungsgeschwindigkeit anders waren, um die Auflagen der Sonde zu erfüllen. Die Trägerrakete soll die maximale Geschwindigkeit erreichen, sodass die Sonde ihren Raketentreibstoff bewahrt, um bei Bedarf Flugbahnkorrekturen vorzunehmen und ihre Swing-by-Manöver zu optimieren.

War diese Mission für die Teams stressiger als andere Starts?

Stéphane: Es stimmt, dass es sich um eine symbolträchtigere Mission handelte (die letzte wissenschaftliche Mission der Ariane 5 im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA), als wir es bei einer Doppelnutzlast-Mission in der geostationären Transferbahn gewohnt sind. Ich sage immer, dass die Trägerrakete zum Zeitpunkt, an dem die Nutzlast an ihrer Spitze eingebaut wird, nicht weiß, was sie tun wird. Sie folgt nur den Anweisungen des Flugprogramms. Es ist unsere Aufgabe, zu überprüfen, ob das Programm richtig angepasst ist. Aber die Teams haben der Vorbereitung dieser Ariane 5 ECA die gleiche Aufmerksamkeit gewidmet wie jeder anderen Ariane-Trägerrakete, unabhängig vom Start.

Haben die Teams trotzdem etwas Besonderes empfunden?

Selbstverständlich! Die Teilnahme an einer solchen wissenschaftlichen Mission erfüllt uns immer mit Stolz. Wir werden beispielsweise während der zehnjährigen Reise der Sonde Rosetta zum Kometen „Tschuri“ (67P/Tschurjumow-Gerassimenko) laufend informiert. Wir fühlen uns geehrt und verfolgen gerne die Mission des wertvollen Objekts, das wir in unsere Trägerrakete einbauen durften.

 

In Erwartung der Neuigkeiten von JUICE können Sie diesen unglaublichen Start an unserer Seite noch einmal miterleben.